Einführung

Werner Nekes Retrospektive
von Bazon Brock
Kult, Komik, Himmelreich
Wenn das Kino noch eine Jahrmarktsattraktion wäre, was würden die Schlepper rufen, um das Publikum in eine Vorführung von Nekes ULIISSES zu ziehen? Würden sie es bei den geheimnisvollen Hinweisen auf Spiegelmenschen, auf Gespenster aus Schatten und auf täuschend echte Stimmen aus dem Jenseits belassen? Würden sie also nur die üblichen Attraktionen ihres Metiers herausheben? Wohl doch, aber sie würden in jedem Fall auch damit locken, dass ULIISSES seinem Schöpfer einen Platz im Wachsfigurenkabinett gesichert habe, denn unter Jahrmarktsattraktionen gilt das Institut der Madame Tussot als Olymp. ULIISSES ist ein Film, in dem alle anderen enthalten sind, auf den alle anderen immer schon verwiesen haben. Selten hat in der Kunst-, Literatur- und Filmgeschichte konsequentes und radikales Experimentieren so folgerichtig zur Erarbeitung eines Meisterwerkes geführt; denn es gibt keine Zweifel, dass ULIISSES ein Meisterwerk ist, das heisst, eine verbindliche Formulierung von Problemen, an denen viele Menschen über lange Zeit Interesse bekundeten, gerade weil diese Probleme ihrer endgültigen Formulierung noch entbehrten. mehr...

 

Reflektiertes Kino - Werner Nekes 'Beitrag zur filmischen Avantgarde
von Thomas Imbach
In einer Zeit, die vom Zuckerwerk der so genannten Postmoderne eingelullt wird, kommt dem Begriff der Moderne wieder eine differenziertere Stellung zu: Kunst als Ausdruck des Verlustes einer ganzheitlichen Welterfahrung wird erneut eminent politisch. Die beim Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert formulierten Probleme der Moderne - der Verlust der festen Werte - verflüchtige sich in der aufwendig bunten Inszenierung einer sich nach dem "Schöne-Neue-Welt" - Muster ausbreitenden Freizeitgesellschaft. Ohne der Kunst die Aufgabe von der Veränderung der Welt aufzubürden, ist offen sichtbar, dass die achtziger Jahre vom Kultur schaffenden nicht Arbeit, die sich von der Entfremdung zu emanzipieren versucht, sondern die Cleverness fordern, in der aktuellen "In"-Szene ein effektvolles Spektakel zünden zu können. mehr...

 

Nekes - Duchamp – Mantegna
TEXTUR aus kunsthistorischer Sicht
von Christoph Settele
Malerei und Film
Das Verhältnis von Malerei und Film ist seit den 10er Jahren dieses Jahrhunderts ein sehr komplexes. Die Futuristen versuchten in Anlehnung an die chronophotographischen Untersuchungen von Marey und Muybridge Bewegung mit malerischen Mitteln darzustellen. Bei den Vätern des abstrakten bzw. absoluten Films (Eggeling, Richter, Fischinger etc.), der von jeglichen dramatischen Elementen befreit und nur noch nach rein filmischen Gesetzen gestaltet wurde, lag die ästhetische Intention in der Verbindung von Malerei und Bewegung mit rein kinetischen Mitteln. Auch den vom Dadaismus beeinflussten Künstlern (Duchamp, M. Ray u.a.) diente der Film als Mittel zur Collagierung bewegter Malerei und zur Untersuchung kinästhetischer Phänomene. Die interdisziplinäre Beeinflussung und Abhängigkeit verschiedener Kunstsparten ist selten so exemplarisch nachvollziehbar wie zu Beginn unseres Jahrhunderts und ist bis heute von nicht zu unterschätzender Bedeutung für die Entwicklung des (experimentellen) Films. Dies ist auch am Werk von W. Nekes abzulesen. Insbesondere sein Film AMALGAM thematisiert diesen Bedeutungskomplex explizit anhand der Auseinandersetzung mit dieser historischen Zeitepoche. mehr...

 

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