Schattentheater-Fest Oberhausen

Pressespiegel
Neue Ruhr Zeitung
08.10.1993
INTERNATIONALES SCHATTEIMEATERFEST OBERHAUSEN
Tor in die Exotik öffnete sich
Von Hans-Martin Gross
"Ein Traum wird wahr: Nang Yai aus dem Kloster Wat Khanon" - mit diesen schlichten Worten aus dem Mund von Festivalleiter Werner Nekes begann die Eröffnungsveranstaltung des Internationalen Schattentheaterfestes Oberhausen. Doch was dem Leiter sein Traum, war einigen Besuchern ein Alptraum - harten Tobak hatte Nekes als Auftakt für dieses einmalige Festival ausgesucht.
Wer kinder-kompatible Spielerei mit Licht und Schatten erwartet hatte, wurde bitterlich enttäuscht: Über fast zwei Stunden zeigte die 19köpfige Gruppe aus Thailand ein puristisch ablaufendes, mit Klangwellen des eigenes Pipath-Orchesters angetriebenes Theater mit bis zu zwei Meter hohen Figuren aus Rinderhaut in der jahrhundertealten Tradition dieser Kunst.
Das Nang Yai- (=großes Schattenspiel) Theater aus dem Kloster Wat Khanon ist die einzige Gruppe der Welt, die diese Art des Spiels noch beherrscht. Im "Großen Schattenspiel" wird seit Jahrhunderten nur ein Stück gespielt, eine Geschichte aus dem Ramayana-Epos, in der Hanuman, der gute Affe, sich auf den Weg nach Lanka macht, um die Königstochter Sitha aus den Händen des Königs der Riesen zu befreien.
Das Besondere am "Großen Schattenspiel": Die Spieler, zugleich Tänzer, bewegen sich vor der Leinwand, halten die filigran gefertigten Figuren aus der thailändischen Mythologie über ihre Köpfen an die von hinten erleuchtete Leinwand und tanzen gleichzeitig dazu im Rhythmus des sie begleitenden Orchesters.
Wer an diesem Abend bereit war, die Tür zu einer exotischen Welt nicht nur einen Spalt breit zu öffnen, wer in der Lage war, sich ganz in diese Wellen aus Figuren, Klang und Tanz fallen zu lassen, obwohl ihm einiges fremd blieb, wurde nicht enttäuscht: Prächtige Figuren, atemberaubende, synchrone Bewegungsabläufe der Tänzer, repetierende, wallende Klänge des Orchesters trösteten mehr als darüber hinweg, mit europäischer Mentalität die gespielte Geschichte doch nicht so verinnerlichen zu können.
Einige Worte noch zu zwei äußeren Umständen: Es ist störend und ärgerlich, wenn eine nicht allzu kleine Anzahl von Besuchern meint, während der Vorstellung das Theater verlassen zu müssen; wenn am Ende der Aufführung, mit "standing ovations" des überwiegenden Teils der Besucher, einige Gäste sich gewaltsam durch die Sitzreihen quetschen, um 30 Sekunden früher draußen zu sein.

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