Nekes

Kelek

Filmausschnitt: Kelek (Ende), Einstellung auf Straße
Nekes (im Filmstudio):

Reduziere ich die Sprache auf das kleinste filmische Element der Ausdrucksmöglichkeit, muß ich dieses Element bestimmen, ich benenne dieses Element KINE und ein Kine ist für mich der Zusammenprall von zwei Bildern. Ich kann also eine minimale Differenz zwischen den beiden Bildern haben und eine maximale - oder die Staffelung zwischen der Arbeit, die ich auf Grund der Verschmelzung zu leisten habe. Wenn ich nur ein Bild nehme, so habe ich eine photographische Information, erst bei zweien kann ich von einer filmischen sprechen. Ich habe also Bild A, das mit Bild B eine Verschmelzung eingeht. Die filmische Information ist jedoch zugleich janusköpfig, d. h. vorwärts gewandt als auch rückwärts gewandt, d. h. Bild A verschmilzt mit Bild B, aber auch gleichzeitig verschmilzt das Bild B mit dem Bild C und wieder weiter Bild C mit Bild B, als auch mit Bild D. Das bedeutet, daß ich auch mit einer gewissen Ambiguität arbeite; ich kann Dinge erzeugen, die sich nur im Kopf darstellen und die nichts mit dem zu tun haben, was vor der Kamera passiert.

Das was uns allen am klarsten ist auf Grund der Beschäftigung mit Film, auch der theoretischen Beschäftigung, ist der Montagebegriff. Da gibt's schon sehr viel Literatur und sehr viele Gedanken darüber. Parallel dazu gibt's so Äußerungen wie, "daß Film die Wahrheit 24 mal in der Sekunde sei" - ist klar, daß das nicht richtig sein kann, weil's sich wenn, dann überhaupt nur auf photographische Information beziehen könnte. Richtiger ist vielmehr, daß man eine bestimmte Zahl von vorwärts und rückwärts gerichteten Verschmelzungen hat. Der Montagebegriff ist auch sehr unbrauchbar, weil er nur ganz bestimmte Stellen im Film markiert, hervorhebt, aber im Grunde habe ich ja diese Stellen, diese kleinen Verschmelzungen ständig. Es wird unsinnig von 12 Verschmelzungen in der Sekunde zu sprechen, oder von ständigen Montagen, weil überall ja im Film Bilder zusammenprallen, und überall habe ich eine gewisse Arbeit im Kopf zu leisten.

Diese Arbeit, diese Anstrengung, die ich zu leisten habe, wird bestimmt durch die Vorhersehbarkeit des jeweils folgenden Bildes. Ich arbeite also als Filmemacher mit bestimmten Wahrscheinlichkeiten des Auftretens von Informationsgehalten. Je geringer die Wahrscheinlichkeit des Auftretens ist, desto höher ist die Arbeit, die ich zu leisten habe. Wenn das folgende Bild dem vorherigen fast ähnelt, ist es klar, daß ich wenig zu tun habe.

In diesen Bildern, die wir jetzt sehen, hat man sehr wenig zu tun, weil die Differenzen sehr gering sind, weil ich hier nicht 'rumlaufe, weil ich mich nur minimal bewege. Meine Arbeit in den Filmen bewegt sich innerhalb des Spektrums dieser Anstrengungen. Sowie ich mit den geringsten Differenzen gearbeitet habe, z. B. in Filmen wie "vis-à-vis" oder "Muhkuh" oder "Kelek", wo die Anstrengung des Zuschauers eine andere ist, wo er selbst in den Film hineinsieht, indem er das Bildfeld ertastet, indem er sich im Bild bewegt, indem Sozialisationen der Wahrnehmung auftreten, so habe ich auch in anderen Filmen die Einheiten der Räume und auch der Zeiten zerbrochen, und indem ich verschiedene Zeiten und Räume zur Verschmelzung gebracht habe. Ich habe also mit den unterschiedlichen Formen unterschiedlicher Kinefelder gearbeitet.

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