Beuys

"BEUYS . . . kommt mit einem Minimum filmischer Mittel aus: die Filmemacher haben den zu porträtierenden vor eine weiße Wand gestellt, Rücken zur Kamera, vor ein "zugemauertes" Fenster, das eine Rahmenform um den Oberkörper der Figur und innerhalb dieser ein intensiveres Weiß ergibt. Beuys in Hut und Mantel, verhüllt, und doch penetrant schwarz vor all dem Weiß sich abhebend, formuliert während der 11-minütigen Aufnahme, um den Ausdruck ringend, die auf dem Rücken zusammengelegten Hände verkrampfend, seine kunsttheoretischen Maximen. Rückenfiguren laden zur Identifikation ein, können als eine Art Projektion des Betrachters ins Bild interpretiert werden, der mit den Augen solch einer Figur zu sehen beginnt. Aber: was sieht er mit Beuys Augen? Das Fenster ist vermauert, da gibt es keinen Ausblick mehr, keine "Perspektive".

C. D. Friedrich ist lang schon tot! Was heute im Bild "passiert" geschieht vor ihm, vor der Fläche, zwischen Betrachter und "Malgrund". Und ist eigentlich weniger Bild als Plastik: "sprechende Plastik". Der Künstler selbst als Kunstgegenstand sagt aus. Die Formulierung verdeutlicht, was man zur gleichen Zeit sieht (vorausgesetzt, man kann "Bilder lesen"!). Auch der Kalauer wird nicht gescheut: Beuys neben der Zentralheizung! - Beuys als Rabbi vor der Klagemauer: ein verzweifeltes Bild in einer verzweifelten Zeit? - Beuys spricht nicht zum Publikum hin; das soll sich die Gedanken des Sprechenden zu eigen machen, mit-denken. Aber wird es nicht nur das "Sprechen gegen eine Wand!", eine taube und stumme Wand sehen? Auch das: adäquat? Zweifellos!" (Eva M. J. Schmid, Magazin R, 6/1981

Beuys

"Ein Mann, angetan mit einem langen Mantel, steht mit dem Rücken zur Kamera vor einer weißen Wand wie an einer Klagemauer der Kunst. Hätte er dabei nicht die Hände auf dem Rücken verschränkt, man könnte meinen, er würde dort sein Wasser abschlagen wollen.

Doch er spricht zur Wand, intensiv und flehend wie der Fromme an der Mauer. Sein Gebet ist die Theorie seiner Plastik, sein frommer Wunsch die Kreativität aller Wissenschaften, seine Sakramente sind Fett, Kupfer und Filz. Beuys spricht mal flüssig und mal schwaflig, mal stockend, voller langer, zur Weiterrede drängender Pausen, kantig, grantig, komisch. Ein Mann, der mit einem Augenzwinkern (das man nur hören, fühlen kann) seine Rede an die bornierte Nation richtet. Wie er das zum zugemauerten Fenster hinausspricht, das ist einfach umwerfend, ein Geschenk von Experimentalfilmer Werner Nekes an den Kunstprofessor Joseph Beuys zu dessen Sechzigsten. Der Film hat zu Recht - wann kann man so etwas schon sagen! - eine Auszeichnung bekommen: Den Preis der Jury der AG der Filmjournalisten bei den 13. Informationstagen in Oberhausen. Der Film ist so grotesk und doch so tiefsinnig wie die Aktionen dieses Künstlers selbst - "ein Kunstwerk" (Nekes), versteht sich, an sich." (Michael Fischer, Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt, 17. Mai 1981)

Beuys

" . . . Beuys spricht (ziemlich kompliziert) über Menschenskulptur und Kreativität, repräsentiert seine Thesen in kühler optischer Zweidimensionalität. Klug gemacht ist dies, denn These und Bild entsprechen einander." (Sebastian Feldmann, Rheinische Post, 6. Mai 1981)

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