jüm-jüm

english „. . Zuerst war Dore 0. da. Sie brachte in den Film etwas Persönliches, ein Teil ihres Selbst ein: ein Bild, das sie sich gemacht hatte. Das Bild ist im Film erhalten: ein Mädchen auf der Schaukel, auf einer Wiese, vor dem Hintergrund einer großen bemalten Fläche, auf der ein abstrahierter Phallus zu erkennen ist - ein Popanz, vor dem das Mädchen rhythmisch hin- und hergleitet. Das Ornamenthafte des Schaukelns und der Gegensatz zwischen Bild und Mensch geben der Vorstellung leicht-Spieierisches und zugleich zwangsläufig Rituelles; differenzierte Gefühle treten auf: sie ergeben sich aus dem Jungmädchenhaften einer Schaukel und dem bombastisch-Kultischem eines übergroßen plakatmäßig gemalten Sexualsymbols.

Und dann kam Werner Nekes. Er benutzte die sensible Dore-0.-Vorstellung als Material seiner Gesetzmäßigkeiten, sprich Strukturen. Die Technik der ,ästhetischen Organisation' hat er selbst dargestellt in Filmkritik 1969, Seite 36. Hinter den unbestechlichen und vorzüglichen Organisator 0.schen Materials tritt die Person Nekes in den Hintergrund. Seine Arbeit - Erfindung eines Kompositionsprinzips und dessen Anwendung- verhindert geradezu, daß ein Teil seines Selbst in den Film einfließt. Die Gegenprobe beweist es: analysiert man die nekessche Struktur, bleibt kein unaufgelöster Rest zurück; was bleibt, ist das unversehrte Material: das Bild der Dore 0. Ihr Bild dagegen ist unauflösbar: unmittelbar Subjektives stellt sich dar.jüm-jüm

Formale Technik auf der einen Seite (Nekes), unmittelbare Selbstentäußerung auf der anderen (Dore 0.), - man fragt sich, wie das zusammengeht; denn daß daraus ein immens schöner und aufregender Film geworden ist, steht fest. Hier hat sich, so meine ich, erwiesen, daß die Behauptung, organisatorische Ästhetik sei verfügbar, bei einem Auftraggeber im Range einer Dore 0. nichts von Herabsetzendem an sich hat. Im Gegenteil, Nekes hat bei genauerem Zusehen lediglich einen Aspekt der 0.schen Vorstellung ausgestaltet: die von der Kamera erfaßte reale Bewegung des Schaukelns wird durch die - höchste kunstvolle - Montage formalisiert, aber nicht ihres Sinns entleert, da das Strukturprinzip zur Vermittlung nicht imstande ist. Ergebnis ist, daß die Montage-Struktur, die individuale 0.sche Vorstellung mit den sie auslösenden Gefühlen überlagernd, den ursprünglichen Vorgang ritualisiert, in Ornamente setzt und dadurch zugleich wiederholbar und - leichter - nachvollziehbar macht. Von der Rezeption aus gesehen, ist jümjüm daher ein Nekesfilm." (Dietrich Kuhlbrodt, Filmkritik, 12/69)

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Zum ersten Mal erzeugt Nekes durch die Montage eine neue, filmische Bewegung des gefilmten Objektes...
Mit der Zerlegung der Schaukelbewegung in vier Einzelbilder schuf Nekes damals noch intuitiv - die Grundlage seiner Filmtheorie, deren Ziel in der Umwandlung des Bildmaterials in Informationsenergie besteht...
Thomas Imbach


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