Spacecut

english "Spacecut ... schockiert geradezu durch Präzision. Aufnahmen von einer Amerikareise sind verarbeitet in zwei Teile. Indians in Taos, einem Pueblo in der Nähe von Santa Fé werden vorgeführt als Lichtkörper mit einer Aufnahmegeschwindigkeit von 24 Bildern in der Sekunde. Eine zunächst seltsam anmutende Betonung des Selbstverständlichen - 24 Bilder in der Sekunde sind die derzeitige Filmregel. Die Indianer in Taos bewegen sich in verschwommenen, oft staubumwehten Bildern vor ihrer Lehmburg, erscheinen als geheimnisvolle Wesen, die sich immer wieder zurückziehen in ihre Wohnungen, ganz fern und unwirklich.

Spacecut

Der zweite Teil, Diggingsplace (Goldgräberfeld) in der Sierra Nevada von 1871, besteht aus 50000 Einzelbildern, die ebenfalls mit einer Laufgeschwindigkeit von 24 Bildern pro Sekunde vorgeführt werden. Doch diesmal bleiben die Bilder als Einzelbilder wahrnehmbar: verkantete oder diagonal oder kopfüber aufgenommene Bruchstücke aus einer verwüsteten, verkarsteten Gebirgslandschaft, zu einem einzigen, an- und abschwellenden Summton, rasch vorbei in einem Sturz aus Einzelheiten, der dennoch nicht zur Bilderflut verschwimmt. Eine schwindelerregende halbe Stunde, die Konzentration bis zur Erschöpfung erzwingt. Ein befremdliches Virtuosenstück, aber auch ein überwältigendes Experiment, weil es zeigt, daß Nekes sich mit dem Gewonnenen nicht zufrieden gibt, daß er sich nicht auf Varianten eines Stils einläßt, sondern ständig neue Seherfahrungen sucht." (Peter Steinhart, Rheinische Post, 8.9.1971)

Spacecut

"Spacecut" ist von der Konzeption her einer der elegantesten Filme von Nekes und gleichzeitig sein intensivstes Experiment." (Tony Reif, Vancouver Cinémathèque, Canada 1972)

"Spacecut weist entscheidend über unsere Film-Seh-Gewohnheiten hinaus. Eine Erweiterung der Möglichkeiten, Film wahrzunehmen. Gruppen zu sehen wie in der Musik, wenn beim Cluster die mit dem Ellenbogen angeschlagenen Töne neue Einheiten bilden. Wie in der Literatur die Vibrationslyrik dem Buchstaben, als Einheit ernstgenommen, neue Strukturen erschließt. Spacecut erinnert aber auch an Sehgewohnheiten, die verlustig gingen. So führte damals das Thaumatrop auf der kleinen Pappscheibe dem Auge zwei Bilder zusammen. Zwirbelte man die Scheibe an den beiden Fäden geschickt genug herum, vereinigte sich das Bild der Vorderseite, der Käfig, mit dem Bild der Rückseite, dem Vogel, zu neuer Bedeutung. Für das Auge setzt sich der Vogel magisch in den Käfig, und das Auge bemüht sich, die Magie zu vollziehen. Für diese Mühe, sehen zu wollen und zu entdecken: dafür ist Spacecut der lohnende Film". (Dietrich Kuhlbrodt, Filmkritik 9/1971, S. 478)

 

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