Zauberbilderbücher

Englisch: blow-books oder flick-books. Auch Vexierbilderbücher genannt.
Bilderbücher, die im Vorderschnitt mehrere Einschnitte haben und je nach Position des blätternden Daumens unterschiedliche Bildwelten zeigen.
Wenn man solch ein Bilderbuch aufblättert, kommt immer nur eine Gattung von Bildern zum Vorschein, je nachdem, an welcher ausgezackten Seite der Daumen aufliegt. Den Versuch, eine Beschreibung solcher Wunderbücher und ihres verborgenen Geheimnisses zu liefern, hatte schon 1550 Geronimo Cardano (1501-1576) in seinem Werk De subtilitate angestellt. Im deutschsprachigen Raum befaßte sich erstmals Daniel Schwenter (1585-1636) in Mathematische und physikalische Erquickstunden mit einer Erklärung der scheinbaren Zauberkünste. Literarisch beschrieben wurde das Zauberbuch schon in Johann Christoph von Grimmelshausens Springinsfeld (1670) als "wunderliche Gauckeltasche". Bei Vorführungen der Gaukeltasche auf dem Jahrmarkt durften Besucher gegen Bezahlung ins Buch hineinblasen, und der Vorführende zeigte ihnen, was in ihrem Kopf vorging. Deshalb werden Zauberbilderbücher im Englischen auch "Blow-books" genannt.

Zaunphänomen

Stroboskopische Erscheinung.
Die Untersuchung des Zaunphänomens gilt als auslösender Moment für die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Wahrnehmung von Bewegung. Erstmals wurde 1821 in der englischen Zeitschrift The quarterly journal of science, literature and the arts auf dieses Phänomen hingewiesen. Um 1824 erklärt Peter Mark Roget (1779-1869) in einem Vortrag für die Royal Society in London die seltsame Erscheinung: Blickt man durch einen Zaun hindurch, hinter dem gerade ein Wagen vorüberfährt, nimmt man die Speichen der Räder in merkwürdiger Weise gekrümmt und verändert wahr. Räder und Speichen scheinen sich nicht zu drehen. Dies erklärt sich daraus, daß die einzelnen Punkte der Speichen, die durch den Spalt des Zaunes nacheinander sichtbar sind, nur einen kurzen Moment gesehen werden und darum jeder dieser Punkte für sich allein den Eindruck der Ruhe erweckt. Hier handelt es sich um eine stroboskopische Erscheinung (psychologisches Phänomen), die durch den *Nachbildeffekt (physiologisches Phänomen) Unterstützung erfährt.
Zelluloidfilm Biegsamer Rollfilm aus Zelluloseacetat und Kampfer (Zellhorn), der wesentlich zur Verbreitung der Amateurphotographie und zur Erfindung des bewegten Bildes beitrug.
Erfunden wurde der aus leicht brennbarem Kunststoff hergestellte Film 1887 vom amerikanischen Pfarrer Hannibal Williston Goodwin (1822-1900). Das Zelluloid, das als Elfenbeinersatz für die Herstellung von Billardkugeln erfunden worden war, ersetzte die schweren und zerbrechlichen Glasnegative. Goodwins Erfindung wurde erst 1898 patentiert. Inzwischen hatte die Firma Kodak seine Erfindung aufgegriffen und war mit großem Erfolg in die Produktion von Rollfilmen eingestiegen. Wegen seiner leichten Brennbarkeit wurde Zelluloid seit den 1950er Jahren durch Zelluloseacetat ersetzt, gefolgt vom haltbareren Polyester.
Zentralperspektive Lehre von der Darstellung des dreidimensionalen Raums auf einer zweidimensionalen Bildfläche.
In Italien wurde während der Zeit der Frührenaissance die geometrische Perspektive entdeckt. Der Florentiner Gelehrte und Architekt Leon Battista Alberti (1404-1407) spielte dabei mit seinem Traktat De Pictura (1436) eine wichtige Rolle. Er beschrieb als einer der ersten die wissenschaftlich-mathematischen Gesetzmäßigkeiten, die den Gestaltungsprinzipien zugrundeliegen. Demnach ist – wenn man sich das Sehfeld eines Menschen vom Auge ausgehend pyramidenförmig vorstellt – ein entsprechendes Bild das Ergebnis eines ebenen Schnittes durch die Sehpyramide, wobei dieser senkrecht zu ihrer Mittelachse ausgeführt sein muß. Das Resultat gleicht dann einem Blick durch das Fenster. Für eine perspektivisch korrekte Darstellung bedienten sich die Künstler unterschiedlicher Zeichenhilfen, die eine zentralperspektivisch korrekte Projektion auf eine Mal- oder Zeichenfläche erleichtern sollten. Von wesentlicher Bedeutung war die geometrisch schlüssige Darstellung räumlicher Tiefe, die aus der Festlegung des Fluchtpunktes auf der Horizontlinie bestand, auch für die Architekturmalerei. Zur Zeit des Barock war man bemüht, durch Fresken illusionistische Raumerweiterung vorzutäuschen. Ein weiteres Beispiel eines überraschenden Illusionismus findet sich in der *Trompe-l’œil-Malerei. Eine spezielle Gestaltung, mit der man auf die Entdeckung der Zentralperspektive - mehr oder minder in spielerischer Form - reagierte, war die *Anamorphose.
Zerrbilder Andere Bezeichnung für *Anamorphosen.

Zerrspiegel

*Spiegel, der das Abbild des Betrachters grotesk verwandelt.
Im Mittelalter setzten sich gewölbte Brennspiegel von konvexer oder konkaver Form durch, gewonnen durch einen Ausschnitt aus einer Kugel. Im 15. Jahrhundert galten installierte Zerrspiegel als Attraktion des Schlosses von Hesdin. Der Herzog von Burgund ließ am Eingang einer Galerie einen Spiegel plazieren, „worin man mehrere Mißgestaltungen erblickte", d.h. worin sich die Leute völlig verzerrt widerspiegelten. Im Inventar des Herzogs von Lothringen wird 1543 „ein Spiegel seltsamer Art, in welchem man eher einen anderen als sich selber erblickt", erwähnt. Zahlreiche Spiegel dieser Art sind auf Wandteppichen, Miniaturen, Gravuren und Gemälden abgebildet und überliefert. Gewölbte Zerrspiegel gehörten zur Einrichtung physikalischer Experimentierstuben, fanden sich aber auch häufig in Bettgestellen installiert. Ihre Popularität verloren sie gegen Ende des 16. Jahrhunderts. Seither wurden sie zumeist von Naturforschern benutzt. 1582 konstatierte Raphael Mirami: „Welches Vergnügen bereiten diese Spiegel, in denen man das Bild dessen, der sich darin spiegelt, so verschieden von der Natur sieht, wie man es sich nur denken kann." 1589 beschrieb Giambattista della Porta sphärisch (konkav oder konvex), elliptisch, pyramidal oder zylindrisch geformte Zerrspiegel, die ein Gesicht in zwei Hälften teilen oder das Abbild desjenigen, der sich betrachtet, dermaßen verwandeln, daß es an ein Eselsmaul, einen Schweinerüssel, einen Hundekopf oder, mit den stark heraustretenden Augen, an eine Krabbe erinnert. Der sphärisch-konvexe Spiegel konzentriert und verkleinert den reflektierten Gegenstand. Wird ein konvexer Spiegel in einem Raum installiert, so bildet sich die gesamte Einrichtung innerhalb der Wölbung ab, wobei die kleinste Einzelheit klar und verkürzt im Kreis des Spiegels erscheint. Man vermutet, daß sich Künstler eines solchen gewölbten Spiegels zur Darstellung komplexer Landschaften, Städte, Kirchen, Paläste, Häuser oder auch menschlicher Gestalten bedienten. Der sphärisch-konkave Spiegel hingegen vergrößert den reflektierten Gegenstand und bewirkt ab einer bestimmten Entfernung eine Bildumkehrung.
Ziehbilder Siehe *Biedermeier-Glückwunschkarten
Zoetrop [gr.: zoe = Leben, tropo = wenden)
Auch *Daedaleum, Wundertrommel, Schlitztrommel oder Lebensdreher genannt. Hohlzylinder mit achsenparallelen Schlitzen, der um seine Achse in rasche Umdrehungen versetzt werden kann.
Das *Phenakistiskop wie das *Stroboskop haben den Nachteil, daß sie die gezeichneten Bilder leicht winkelförmig verzerren. Angeregt durch Joseph Plateaus (1801-1883) Phenakistiskop (Lebensrad), veröffentlichte 1834 der Engländer William George Horner (1786-1837) den Artikel On the Properties of the Daedaleum, a new Instrument of Optical Illusion, in dem er nicht nur eine ausführliche Beschreibung des Gerätes, sondern auch die Begründung der Namensgebung - *Daedaleum - lieferte. Mit dieser Bezeichnung verwies er auf Daidalos, den Baumeister und Bildhauer aus der griechischen Mythologie, der als erster Menschen und Tiere in Bewegungspositionen als Skulpturen angefertigt haben soll. Beim Daedaleum oder Zoetrop werden Bilder und Schlitze getrennt, die Bilder auf Streifen und die Schlitze in einen Zylinder gebracht, was den *Spiegel überflüssig werden läßt, so wie es bereits Simon Stampfer (1792-1864) für eine spätere Vorführmöglichkeit der * stroboskopischen Scheiben vorgeschlagen hatte. Man blickt beim Zoetrop durch Schlitze auf die gegenüberliegende, mit gezeichneten Bildern besetzte Innenseite der Trommel, die sich auf einer vertikalen Achse dreht. Eingelegt werden auswechselbare Bildstreifen mit meist 11-13 Bewegungsphasen. Auch können nun mehrere Personen gleichzeitig das optische Spektakel bewundern.
Zograskop [gr.: zoe = Leben; graphein = zeichnen; skopeô = schauen, sehen]
Skelettierte Form eines *Guckkastens. In England auch optical diagonal machine genannt.
Die Faszination der perspektivischen Illusion führte zur Entwicklung verschiedener Formen des *Guckkastens. Vermutlich in Frankreich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erstmals gebaut, gewann dieses Betrachtungsgerät für den Heimgebrauch im 19. Jahrhundert an Popularität. Erweiterte Ausführungen mit bis zu drei *Linsen kamen als spätere Varianten auf den Markt. Das Zograskop besteht aus einem höhenverstellbaren Ständer, einer senkrecht fixierten großen Konvexlinse und einem schräg angebrachten Planspiegel. Dicht an den Fuß des Ständers wird das Bild gelegt, das durch das Vergrößerungsglas im *Spiegel betrachtet, an räumlicher Wirkung gewinnt. Auch können die in der Camera obscura seitenverkehrt gezeichneten Bilder damit seitenrichtig betrachtet werden.
Zoopraxiskop [gr.: zoo = in Zusammensetzungen auftretendes Bestimmungswort mit der Bedeutung Leben; praxis = tun, anwenden; skopeô = schauen, sehen]
Gerät, das sich aus der *Laterna magica und dem Lebensrad zusammensetzt.
Schon Franz Freiherr von Uchatius (1811-1881) führte für seine Laterna Magica von 1845 eine durchsichtige Bildscheibe mit einer Schlitzscheibe zusammen. Auch Joseph Plateau (1801-1883) hatte 1849 ein Lebensrad mit ähnlichen Prinzipien vorgeschlagen, ohne jedoch schon an eine *Projektion von transparenten Bildträgern zu denken. Inspiriert von den bekannten optischen Sehmaschinen setzte Eadweard Muybridge (1830-1904) das Lebensrad für die Präsentation seiner Reihenphotographien ein: Er entwickelte 1879 das Zoopraxiskop, ein Gerät, das Elemente einer *Laterna magica und eines - nun durchsichtigen - Lebensrads mit 12 Bewegungsphasen hinter einer Schlitzscheibe kombinierte.
Zylinderanamorphosen Katoptrische *Anamorphosen, deren Abbilder mit Hilfe spezieller *Spiegel – hier mit Hilfe von Zylinderspiegeln – entzerrt wahrgenommen werden können.
Die Reflexion eines abgebildeten Gegenstandes in einem aufrecht stehenden Zylinderspiegel gibt den Gegenstand weniger breit wieder, als die Abbildung ihn zeigt, verkleinert ihn also. Um mit Hilfe des *Spiegels ein richtig proportioniertes Abbild zu sehen, muß die zu spiegelnde Vorlage entsprechend verzerrte Proportionen erhalten – die im Zylinderspiegel auf derselben Höhe reflektierten Bildteile müssen in der *Anamorphose kreisförmig angeordnet und gedehnt sein, was man durch optische Aufbauten oder mathematische Berechnungen erreicht. Eine der frühesten Beschreibungen dieser unterschiedlichen Herstellungsmethoden für Anamorphosen stammt von Daniele Barbaro, 1559, in seiner "La Pratica della Perspettiva". Zum einen beschreibt er, wie die Deformierung eines quadratischen Rasters auch automatisch eine verzerrte Zeichnung produziert, zum anderen, wie eine Zylinderanamorphose mit Hilfe einer optischen Projektion angefertigt werden kann: Eine zylinderförmig aufgestellte und von beliebig vielen Punkten durchlöcherte Zeichnung wird von hinten vom Sonnen- oder Punktlicht angestrahlt. Durch die kleinen Öffnungen fällt Licht punktförmig auf ein darunterliegendes Zeichenpapier. Die Verbindung dieser Punkte läßt eine Anamorphose entstehen. Ersetzt man die ursprüngliche durchlöcherte Zeichnung nun durch einen Zylinderspiegel, so sieht man darin das verzerrt gemalte Bild wieder entzerrt, Dies Verfahren bildete Mario Bettini 1642 in seiner Apiaria Universae Philosophiae Mathematicae ab. Eine frühe schriftliche Quelle zur Geometrie der Zylinderanamorphosen findet sich bei I. L. de Vaulezard (Perspektive cylindrique et conique, Paris 1630), der sie als &Mac226;katoptrische Perspektiven‘ bezeichnete. Später fanden Zylinderanamorphosen in vielen naturwissenschaftlich ausgerichteten Werken Erwähnung. Georg Philipp Harsdörffer veröffentlichte 1651 eine auch für Laien nachvollziehbare Methode zur Erstellung von Anamorphosen (Delitiae Mathematicae et Physicae, der Mathematischen und Philosophischen Erquickstunden, Nürnberg). Der Ingenieur Jacob Leupold entwickelte Maschinen zur mechanischen Herstellung von Längen-, Zylinder- und Kegelanamorphosen, deren Konstruktion er mit begleitenden Skizzen in seinen Büchern veranschaulichte (Anamorphosis mechanica nova, Leipzig 1713; Theatrum machinarum, Nürnberg 1739). Im 18. und 19. Jahrhundert wurden in Deutschland, Frankreich, Holland und England größere Auflagen zur Unterhaltung des Publikums produziert.