Längenanamorphosen

Optische *Anamorphosen (auch perspektivische Anamorphosen genannt), die ihren unverzerrten Bildinhalt allein durch die Wahl des richtigen Augpunktes preisgeben, also ohne Benutzung eines weiteren Hilfsmittels.
Seit dem 16. Jahrhundert entwarfen Künstler Längenanamorphosen. Ihnen liegt das Prinzip zugrunde, daß bei gleichbleibendem Augpunkt verschiedene beliebige Schnitte der Sehpyramide dem Auge gleich erscheinen. Auch wenn frühe theoretische Überlegungen zur *Anamorphose aus Italien stammen, siedelte sich diese spielerische Erkundung der Möglichkeiten und Grenzen der Zentralperspektive bald in Deutschland an. Entwürfe von Künstlern aus der Gegend von Augsburg und Nürnberg belegen dies. Erhard Schön (1491-1542) lieferte hervorragende Beispiele, die zudem *Vexierbildcharakter haben: Das heißt, daß man bei frontaler Betrachtung zunächst ein Bildmotiv erkennen kann. Ein zweites, verstecktes, offenbart sich, wenn man einen anderen Blickpunkt einnimmt. Nachdem das Interesse an *Anamorphosen Mitte des 16. Jahrhunderts nachgelassen hatte, erlebte diese Kunstform zwischen den Jahren 1620 und 1670 einen zweiten Aufschwung, denn mit den optischen *Anamorphosen konnten Bildinhalte wie etwa Kritik an politischen oder theologischen Standpunkten verschlüsselt werden. Nur Eingeweihte wußten, welchen Blickpunkt man einnehmen mußte, um ein Motiv richtig zu erkennen. Ein Beispiel ist das in Öl gemalte Porträt des englischen Königs Charles I. (1625-1649). Diese überstreckte Veranschaulichung wurde nach seiner Exekution auch als Druckgraphik, insbesondere von den Royalisten, verbreitet. Solche Bilder mußten in extremer Schrägansicht zur Bildoberfläche betrachtet werden.

Lamellenbilder

Auch *Triscenorama genannt. Bildliche Darstellungen, die je nach Betrachtungsrichtung (von links, von rechts, sowie von vorne) drei wechselnde Ansichten zeigen.
Das Bild wurde sowohl auf ein in Streifen aufgeteiltes &Mac226;Mittelbild‘ gemalt als auch auf die beiden Seiten der davor befindlichen Lamellen. So zeigt es in Direktsicht von vorne das Hauptmotiv, während die beiden Schrägsichten zwei andere, meist in Verbindung zum Hauptmotiv stehende Gemälde darstellen. Zahlreiche Exemplare aus der Frühzeit (Mitte des 18. Jahrhunderts) belegen, daß Motive aus dem religiösen Bereich bei weitem überwogen, denn die dreiansichtigen &Mac226;Wechselbilder‘ eigneten sich ideal zur Darstellung der Dreifaltigkeit sowie der Heiligen Familie. Mit Einführung der Lithographie und weiterer Bilddruckverfahren stieg auch die Zahl der Lamellenbilder sprunghaft an. Sie waren, vor allem als Produkt des mechanisierten 19. Jahrhunderts, als Kreide-, Chromolithographien oder Öldrucke zu finden und fanden massenhaften Absatz durch den Verkauf in Wallfahrtsorten. Sowohl die Lamellenbilder als auch die ihnen verwandten *Riefelbilder wurden noch in den letzten Jahrzehnten hergestellt. Eine moderne Abart ihres Prinzips sind die Reklametafeln mit drehbaren Dreiecksstäben, die in stetem Wechsel drei verschiedene Ansichten präsentieren.
Lampaskop [gr.-lat.: lampadarius = Lampengestell; skopeô = schauen, sehen]
Perfektionierte Form der *Laterna magica.
Das Gerät unterscheidet sich durch die Anbringung und Beschaffenheit der Lichtquelle von der ursprünglichen Form der Laterna magica. Dadurch, daß bei dieser Form die Laterna magica direkt auf die Petroleumlampe aufgeschraubt war, eignete sich der *Projektionsapparat für einen gefahrlosen Einsatz im Familienkreis. Verbreitet wurde er durch den französischen Hersteller Edouard Vergile Lapierre, der das Lampaskop in den 1880-90er Jahren erfolgreich verkaufte.
Latentes Bild Unsichtbares, aber bereits in der Emulsion gespeichertes photographisches Bild, nach der Aufnahme und vor der Entwicklung.
Es entsteht allein durch die Einwirkung des Lichts auf die Silberhalogenide. An deren Oberfläche verschiebt die Energie der Photonen des Lichts dabei die Elektronen derart, daß durch die Anlagerung von Silberionen eine Abtrennung der Bromatrome von den Silberkristallen möglich ist. Das Brom wird von der Gelatine aufgenommen; im metallischen Silber verändern sich die Kristalle zu entwicklungsfähigen Keimen. Diese Veränderungen in der Emulsion entsprechen dem späteren, in der Entwicklung sichtbar werdenden Silberbild: Bei der Entwicklung wird dann der ganze Kristall zu schwarzem Silber reduziert, während die unbelichteten Kristalle nicht angegriffen werden. Das latente Bild bildet sich, bleibt es unentwickelt, mit der Zeit wieder zurück.
Latenz [lat.: latere = verborgen sein]
Bezeichnung für einen verborgenen Zustand.
Bilder, deren Beschaffenheit derart angelegt ist, daß erst durch mechanisches Einwirken, z.B. durch das Reiben der Oberfläche, die Darstellung sichtbar wird, werden von der Fachliteratur als Frimographien (Friktion = Reibung) bezeichnet. Zu den selten erhaltenen Exemplare dieser Gattung gehören Wärme- oder Nachleuchtbilder, Reibe-, Riech- oder Duftbilder.

Laterna magica

[gr.-lat.: laterna = Laterne; magica = Zauber-, Geheimkunst]
Auch Zauberlaterne oder Schreckenslaterne genannt. Erste Form eines *Projektionsapparats.
Sie besteht im Prinzip aus einem Gehäuse, in dessen Innerem sich eine Lichtquelle befindet. Da sich zur Zeit der Erfindung und Verwendung die Möglichkeiten der künstlichen Lichtgewinnung auf Kerzen, Ölfunzeln und später Petroleumlampen beschränkten, befestigte man zu ihrer Verstärkung einen *Hohlspiegel an der Rückwand, der die Strahlen parallel nach vorne warf. An der Vorderseite gegenüber dem Spiegel wurde ein Rohr angebracht, in dem man zwei konvexe *Linsen senkrecht befestigte. Hinter dem gemeinsamen Brennpunkt dieser beiden Linsen schob man das transparente Bild spiegelverkehrt und auf dem Kopf stehend ein. Als einer der vielen &Mac226;Erfinder‘ der Laterna magica gilt der Jesuitenpater Athanasius Kircher (1602-1680) aus Geisa bei Fulda. 1646 erschien in Rom sein Werk Ars magna lucis et umbrae, worin er die Grundsätze der *Projektion darlegte und in der 2. Auflage, Amsterdam 1671, als erster Abbildungen von Projektionen mit der Laterna magica publizierte. Einen beweglichen Totentanz für die Laterna Magica zeichnete der holländische Physiker Christian Huygens (1629-1695) schon um 1659.Der dänische Mathematiker Thomas Walgenstein (1622-1701) stellte die Laterna magica 1665 bei einer Ausstellung in Lyon als Weltneuheit vor und feierte damit Erfolge. Paul Liesegang beschrieb sie folgendermaßen: „Sie bestand aus einem als Beleuchtungsapparat wirkenden Hohlspiegel, der ein annähernd paralleles Strahlenbündel lieferte, und einem zweilinsigen Objektiv, dessen innere Linse nahe beim Glasbild saß, während die äußere, langbrennweitige zur Scharfeinstellung verschiebbar angeordnet war." Anfangs als Zauberspektakel vorgeführt, das hauptsächlich zur Vermittlung von Illusionen diente, machten sich später Wissenschaftler die Laterna magica zunutze, und bald wurde sie auch für unterhaltende und pädagogische Zwecke eingesetzt.
Laternenbilder Eigens für die *Projektion mittels der *Laterna magica hergestellte Bilder.
Als Bilder verwendete man zunächst handbemalte Glasplatten, die dann nach der Erfindung der Photographie durch Diapositive (live model sets) ersetzt wurden. Dabei benutzte man Bildhalter verschiedenster Konstruktionen. Als zu Anfang des 18. Jahrhunderts die *Laterna magica langsam populär wurde, begann man auch Laternenbilder im größeren Umfang herzustellen. Es gab verschiedenste Formen von Glasplatten, die entweder als Einzelbilder hergestellt wurden oder in Streifen, um die Bilder nacheinander durch den Projektionsschlitz schieben zu können. Die beweglichen Laternenbilder, eine bedeutsame Erneuerung auf dem Gebiet der Projektion in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, lassen sich im wesentlichen in drei Gruppen unterteilen: Zieh-, Hebel- und Drehbilder. Das Ziehbild setzt sich aus zwei Glasplatten zusammen; während eine Platte fest im Rahmen steht, kann man die andere an ihr vorbeiziehen. So wurde z.B. das Vorbeigleiten eines Bootes simuliert. Das Hebelbild besteht aus zwei runden Platten; die eine starr, die andere läßt sich durch einen Hebelmechanismus um ihr Zentrum bewegen. Dadurch ergab sich die Möglichkeit, Schaukelbewegungen vorzutäuschen. Mit den Drehbildern konnte man eine komplette Drehung durchführen, mit der man beispielsweise Wasserräder darstellen konnte.
Leporello Ein längerer, harmonikaartig zusammenfaltbarer Streifen Papier, der für Landkarten, Prospekte, Ansichtenreihen, Bücher u.a. benutzt wird.
Der Machart liegt eine Falttechnik des chinesischen Buchwesens zugrunde. Benannt wurde sie aber nach dem Diener Leporello, der in Wolfgang Amadeus Mozarts Oper "Don Giovanni" (1787) eine lange Liste der Geliebten seines Herrn anlegt. Leporello-Bücher waren insbesondere für Kinder gedacht. Reihungen von Begebenheiten und Ereignissen hat es bereits als Kupferstiche im 17. Jahrhundert gegeben, allerdings haben diese geklebten Bilderfolgen selten überlebt. Im 18. und 19. Jahrhundert erfreuten sie sich zunehmender Beliebtheit, wobei sich die Thematik von dem historischen Ereignis mehr und mehr zum landschaftlichen Panorama hin entwickelte. Leporellos wurden zunächst im Stahlstich, dann in Litho- und Chromolithographie in Umlauf gebracht, wobei Rheinpanoramen in Deutschland an vorderster Stelle standen. Durch einen festen Deckel mit geprägtem Titel rückte das Leporelloalbum in die Nähe des Buchs. Ab 1880 kamen Postkarten-Leporellos - meist 10 bis 24 Ansichten in Gruppen zusammengefaßt – auf den Markt und wurden zu einem beliebten Reisesouvenir.
Linse Von zwei Kugelflächen oder einer Kugelfläche und einer Planfläche begrenzter durchsichtiger Körper, meist aus Glas oder Quarz.
Je nach der Art der Kugelflächen unterscheidet man Konvex- und Konkavlinsen. Erstere haben die Eigenschaft, parallel auffallendes Licht zu sammeln, sie werden daher auch Sammellinsen oder Brennlinsen genannt; die Konkavlinsen zerstreuen paralleles Licht und werden daher auch Zerstreuungslinsen genannt. Im 16. Jahrhundert wurden sowohl Brennspiegel als auch Sammellinsen für dieselben Zwecke eingesetzt, da sie ähnliche Eigenschaften besitzen. Den Hohl- oder Brennspiegel gab es schon im Altertum. Der griechische Mathematiker Euklid erwähnt ihn in seiner Schrift Katoptrik (um 300 v.Chr.), in der er die Grundlagen der *Optik legte. Berühmt ist auch die Legende von Archimedes (285-212 v.Chr.), der bei der Belagerung von Syrakus riesige Brennspiegel verwendet haben soll, um die römische Flotte zu vernichten. Doch alle wissenschaftlichen Untersuchungen deuten darauf hin, daß man im Altertum die optischen Linsen noch nicht kannte.
Lithophanien [gr.: lithos = Stein; phänin = leuchten, scheinen]
In unlasiertes Biscuit-Porzellan gepreßte Bilder.
Die ,leuchtenden Steine‘ sind Platten aus dünnen durchscheinendem Porzellan, in welches die bildliche monochrome Darstellung, ähnlich wie beim Wasserzeichen im Tiefrelief eingepreßt wird. Bei flüchtiger Betrachtung sehen sie wie eine grau in grau gehaltene Tuschezeichnung aus. Erst gegen das Licht gehalten kommen die Motive richtig zurGeltung. Die Bildwirkung entsteht durch die in unterschiedlichen Stärken ausgearbeiteten Partien des Materials: Während die erhabenen Stellen die Schatten bestimmen, kann man in den dünneren Stellen die Lichter erkennen. Die spezielle Technik erfand 1827 der Pariser Diplomat Baron Paul de Bourgoing. Schon ein Jahr später war man auch in Deutschland in der Lage, die transparenten Porzellanbilder herzustellen, deren Produktion zunächst in der Berliner Manufaktur anlief, nachdem man mit ersten Versuchen in Meißen gescheitert war. Sie wurden rasch sehr populär und zierten als Fensterbilder, Lampen- oder Lichtschirme die bürgerlichen Interieurs. Ständer aus Gußeisen, in welche die Lithophanien eingesetzt und von hinten beleuchtet wurden, machten das Ensemble zu einem dekorativen Objekt. Bevorzugte Motive waren Landschaften, Genreszenen und Porträts, denen als Vorlage Nachbildungen großer Meister dienten. Deshalb kam es 1876 zu einem Streit um den Urheberschutz: Nach dem Gesetz war die Nachbildung eines Gemäldes durch Flächendarstellung verboten, und die Lithophanien wurden als solche angesehen, obwohl sie dreidimensional waren. Hierdurch wurde ihre Produktion maßgeblich eingeschränkt.
Living Silhouettes [engl.: living = lebend; franz.: silhouettes = Schattenbild, Umrißlinie]
Lebende Silhouetten. Auf einem transparenten Träger nicht plananliegende *Schattenfiguren, die von einer bewegten Lichtquelle animiert werden können.
Für das Sichtbarmachen dieses ansehnlichen Schattenspiels benötigt man lediglich zwei übereinander liegende Papierbögen. Aus dem einen Bogen werden die Figuren ausgeschnitten, den anderen Träger aus dünnem Seidenpapier nutzt man als Projektionsfläche. Ein Finger als Abstandhalter zwischen den beiden Papierlagen eingeschoben reicht, um bei Bewegung einer seitlich gerichteten Lichtquelle ein wirkungsvolles Schattenspiel zu erzielen.
Lochkamera Einfachste Kameraversion, die frühen Formen der *Camera obscura ohne *Linse entspricht.
Statt eines Objektivs trägt die Lochkamera eine kreisrunde Scheibe, die sich drehen läßt. An der Peripherie dieser Scheibe befinden sich mehrere Löcher verschiedenster Durchmesser. Je nach Bedarf kann eine dieser Öffnungen das Licht ins Innere des Apparates leiten, wodurch die Bilderzeugung möglich wird. Wählt man ein größeres Loch, so ist die Lichtmenge zwar größer, das Bild wird jedoch unschärfer und bedarf einer kürzeren Belichtungszeit. Eine kleine Öffnung hingegen ergibt ein schärferes und dunkleres Abbild, für das eine längere Belichtungszeit nötig ist.
Lorrain-Spiegel Hilfsmittel für perspektivisches Zeichnen, das ein Angleichen der Farben im richtigen Farbkontrast ermöglichte.
Unzählige Geräte wurden seit dem 15. Jahrhundert erfunden, die den Maler bei seiner perspektivischen Gestaltung unterstützen sollten. Sie reichten von den einfachen *Zeichenhilfen über mechanische Apparate bis zu raffinierten optischen Hilfen, mit denen sich die Illusion dreidimensionaler Räume erzielen ließ. Ein solches Beispiel ist auch das Lorrain-Glas, benannt nach dem französischen Maler Claude Lorrain (1600-1682). Das handliche Objekt wird ähnlich einem Taschenspiegel in einem Etui untergebracht. Es besticht durch seine Einfachheit: Ein konkaver, schwarz unterlegter Weitwinkelspiegel verkleinert die Ansicht der Landschaft und mindert zugleich die Kontraste der Farben derart, daß eine größere Harmonie des Farbzusammenklangs erzielt wird. Fast zeitgleich mit Lorrain experimentiert Jan Vermeer (1632-1675) mit einer zweiteiligen kleinen *Camera obscura mit verstellbarer Schärfe – während er das eine Bild zum Nachmalen nutzt, dient ihm das zweite zur Kontrolle der Farbgebung.